24 Februar 2006

 

Kaltes Land - USA 2005

OFDB-Link
Genre(s): Drama
Laufzeit: ca. 126 Min.
Alterseinstufung: FSK 12

Inhalt:
Ende der 80er steht Josey Aimes (Charlize Theron) vor den Trümmern ihrer Ehe und muss, um sich und die beiden Kinder in ihrer Heimatstadt im Norden Minnesotas wirtschaftlich über Wasser zu halten, als einfache Arbeiterin im Bergwerk der Pearson Tacomite and Steel anheuern. Dort betrachten männliche Kollegen und Vorgesetzte die wenigen weiblichen Angestellten als Freiwild. Als Josey sich gegen die rabiaten Belästigungen schließlich juristisch zur Wehr setzt, schlägt der Konzern mit aller Härte zurück.

Kritik:
Männer sind Schweine!
Für alle, die das bis jetzt noch nicht wahrhaben wollten gibt es jetzt den passenden Film dazu. Denn was Charlize Theron als alleinerziehende Mutter zweier Kinder, die aufgrund ihrer finanziellen Not einen Job bei einer frauenfeindlichen Minengesellschaft ergreift, hier so alles ertragen muss, ist schon starker Tobak.

In Rückblicken aus dem Gerichtsaal erzählt, beginnt der Film noch sehr glaubhaft, als Josey ihren prügelnden Ehemann verlässt und von einer Freundin draufgebracht wird, für gutes Geld den dreckigen Minenjob zu machen. Denn die Mine sucht Frauen. Warum dies so ist, aber gleichzeitig jeder Mann, der bei der Mine arbeitet (vom Betriebsarzt zum Vormann bis zum Vorstand) den Frauen ihr Leben zur Hölle machen will, das wird uns leider nicht erklärt. Bei den einfachen Arbeitern kann man ja den Neid um den Arbeitsplatz noch verstehen, aber bei der Unternehmensleitung? Nun könnte man vermuten, dass es eine Frauenquote oder so etwas gibt, aber leider wird dazu nichts gesagt und ausserdem ist es zu bezweifeln, da der Film sich ja grade der Ungleichbehandlung annimmt.

Aber zurück zur Handlung, die sofort nach Joseys Dienstantritt die ersten Anzüglichkeiten loslässt und die sexuellen Belästigungen stetig steigert. Einerseits sehr bedrückend und vorstellbar, andererseits wirkt es aber sehr übertrieben, wenn praktisch jeder männliche Minenarbeiter als Frauenbelästiger dargestellt wird. Hier hämmert uns der Film eindeutig zu viel der "böse Männer"-Keule auf den Kopf.
Ab diesem Zeitpunkt steigt der Film dann in das altbekannte Diskriminierungsschema ein. Sprich, für Josey wird es immer unerträglicher, während ihre Kolleginnen sie keinesfalls unterstützen, sondern auch noch ausgrenzen. Doch sie bleibt tapfer und klagt. Ein praktisch aussichtsloser Prozeß startet und Josey wird vor Gericht erwartungsgemäss auseinandergenommen. Bis die plötzlichen Wendungen einsetzen.
So wird ihr Vater plötzlich vernünftig und verteidigt sie bei einer Gewerkschaftssitzung. Und dank ihrer Freundin Glory entschliessen sich auch andere ihrer Klage zu folgen. Alles weitere siehe Erin Brockovich.

Klingt das zynisch? Ist es auch.
Der Film ist natürlich bewegend, es wird auf die Tränendrüse gedrückt, wenn Josey mit Vater und Sohn ins Reine kommt und sich vor Gericht doch noch alles zum Guten wendet. Und ja, das soll sogar auf Tatsachen basieren.
Doch leider ist es oft so übersteigert, dass es einem schwerfällt das zu glauben. So ist die Befragung des Kronzeugen durch Joseys Anwalt total lächerlich. Welcher Richter oder Gegenanwalt würde eine solche Provokation eines Zeugen zulassen? Warum macht Joseys Vater plötzlich eine 180° Drehung?
Insofern ist der Film auf emotionaler Ebene voll wirksam und sehr gut gemacht, aber auf rationaler Ebene versagt er leider. Auch die Schlussaussage, dass dieses Urteil auf der "ganzen Welt ein Echo fand" ist schwer vorstellbar, noch dazu wo das ganze 1989 (!) stattfand und offensichtlich bis heute in den USA noch keine vernünftigen Arbeitnehmer-, geschweige denn Gleichstellungsgesetze bestehen.

Aber kommen wir zu Positivem, den schauspielerischen Leistungen. Theron versteckt nach Monster zum zweitenmal ihre Attraktivität und erhöht damit die Chancen auf einen erneuten Oscar. Sie spielt sehr überzeugend, eine gute Mischung aus kämpferischer und verletzlicher Frau. Dabei wird sie aber noch von Frances McDormand übertroffen, die wieder mal absolut hervorragend spielt. Ihre Figur der Glory überstrahlt dabei alle anderen und gibt dem Film noch eine Arthritis-Leidensgeschichte dazu, die noch mehr Emotionalität in die Handlung bringt. Dafür ist unbedingt wieder ein Oscar fällig!
Die sonstigen Darsteller sind auch gut, bleiben aber leider dank des klischeehaften Drehbuchs hinter den denkbaren Möglichkeiten zurück. So sind Sean Bean (als Glorys Ehemann) und Woody Harrelson (als Joseys Anwalt) zwei harte Kerle mit weichem Kern, die sich so dermassen von den Minenarbeitern unterscheiden, dass es schon wehtut, wie uns hier der "ideale" Mann vorgestellt wird.

Wie gesagt, ein Film, dessen Wahrnehmung sich je nach emotionaler oder rationaler Ebene sehr unterscheidet. Deshalb als Kompromisswertung 7 Punkte, für einen typischen Hollywood-Film, der mit tollem Cast gesegnet die richtigen Knöpfe drückt, aber später ein grosses Fragezeichen hinterlässt.

Screenshots: Glory (Frances McDormand) bringt Josey auf die Idee bei der Minengesellschaft zu arbeiten.


Als sie sich immer mehr gegen die Belästigungen wehrt, verliert sie auch die Unterstützung ihrer Geschlechtsgenossinnen.


Josey und ihr Anwalt (Woody Harrelson).


angeschaut am: 24.02.2006
Normale Wertung: 7 von 10 Punkten



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