20 November 2006

 

Children of Men - GB/USA 2006

OFDB-Link
Genre(s): Drama / SciFi / Thriller
Laufzeit: ca. 108 Min.
Alterseinstufung: FSK 16

Inhalt:
Das Jahr 2027: Vor 18 Jahren wurde das letzte Kind geboren. Die Menschheit hat die Zeugungskraft verloren. Mit dem eigenen Aussterben konfrontiert bewegen sich die Menschen weltweit zwischen Selbstmordgedanken und Anarchie. Mittendrin: Theo (Clive Owen), einst politischer Aktivist und idealistischer Kämpfer für eine bessere Welt, jetzt resignierter, angepasster Angestellter der Regierung, die mit radikalen Methoden die Ordnung aufrechtzuerhalten versucht.
Als ihn seine Ex-Frau Julian (Julianne Moore), die als Terroristin gesucht wird, kontaktiert, damit er einer jungen Frau bei der Flucht ins Ausland hilft, willigt er nur gegen Geld ein, ohne zu ahnen, welche Tour de Force folgen wird...

Kritik:
Children of Men weist eine ähnliche Grundidee auf, wie neulich Clive Barker's Die Seuche: Den plötzlichen Stopp der menschlichen Fortpflanzungsfähigkeiten. Damit hören aber die Gemeinsamkeiten schon auf. Wo letzterer Film in der Behandlung der Auswirkungen auf die Gesellschaft leider nichts bieten konnte, setzt Children of Men an. Die kleine Referenz führe ich hier nur der Vollständigkeit halber an, denn die Filme spielen in völlig unterschiedlichen Ligen.

Beeindruckend subtil zeigt uns Children of Men eine düstere Utopie. Das beunruhigende an der Handlung, die 20 Jahre in der Zukunft spielt, sind dabei die stets erkennbaren Parallelen zur Gegenwart. Stetig gesteigert wird dabei die Dosis der düsteren Zukunft. Schon die Anfangssequenz ist beindruckend:
Theo holt sich zu Beginn seinen Morgenkaffee in einem Coffeeshop ab, wo Dutzende Kunden verschreckt die Fernsehberichte über die Ermordung des jüngsten Erdenbürgers verfolgen - das letzte Kind, welches vor der globalen Unfruchtbarkeit geboren wurde.

Während er draussen sein Heißgetränk mit Whiskey aufwertet wird der Shop nur einige Meter davon entfernt durch einen Bombenanschlag zerfetzt. Noch bevor der Staub sich legt taumelt eine Frau mit abgerissenen Arm aus der Ruine. Und Übergang auf den Titel.
Danach betritt Theo das Energieministerium. Leise kann man noch die Nachwirkung der Explosion als hintergründiges Sirren hören.

Auch sonst fallen einem die kleineren Unterschiede zur Gegenwart manchmal kaum auf. So wird in der S-Bahn ein Propagandavideo gezeigt, welches den Zusammenbruch der Gesellschaften klarmacht und Großbritannien als einzige Ausnahme glorifiziert. Im Gegensatz dazu stehen die vergitterten Fenster der S-Bahn, die auch prompt von Randalierern mit Steinen beworfen werden. Es geht vorbei an Käfigen, in denen illegale Ausländer (offensichtlich auch viele Nordeuropäer), sogenannte "Fugees", bis zur Deportation gefangengehalten werden. Zu diesem Zeitpunkt sind grade fünf Minuten vergangen, aber Children of Men hat einen schon in seinen Bann geschlagen.

Unser Anti-Held Theo erträgt das Ganze mit Sarkasmus und Alkohol. Clive Owen spielt seine bisher beste Rolle und es fällt leicht, sich mit ihm zu identizieren.
Darstellerisch fällt einem noch Julianne Moore (siehe Screenshot rechts) mit einer eher kurzen, aber guten Performance auf und Michael Caine, der in absoluter Höchstform spielt und seine Szenen beherrscht.

Was einem noch auffällt ist die herausragende Kameraarbeit und einige sehr lange Sequenzen, die ohne Schnitt gedreht wurden. Dadurch gelingt es den Zuschauer in die Handlung miteinzubeziehen. Man hat oft den Eindruck neben den Akteuren zu sitzen oder zu laufen. So z.B. bei der Autofahrt, die in eine absolut intensive Sequenz übergeht und damit die Tour de Force einleitet.
Oder später bei Gefechten, wo eine minutenlange Sequenz, die nicht nur von Action durchsetzt, sondern auch räumlich weit auseinandergezogen ist, mit Handkamera und ohne Schnitte gedreht wurde. Beeindruckend wenn man sich vorstellt, was für ein Aufwand darin steckt. Diese Szenen können von der Qualität und dem Mittendrin-Gefühl auch locker mit Kriegsfilmen wie Soldat James Ryan oder Black Hawk Down mithalten.

Damit der Film seine volle Wirkung entfalten kann ist es meines Erachtens allerdings unerlässlich sich auf die utopische Geschichte über die Zeugungsunfähigkeit, für die keine Erklärung geliefert wird, einzulassen. Umso berührender ist es dann, wenn endlich wieder Babygeschrei zu hören ist. Eine zutiefst bewegende Szene geht daraus hervor, wenn die heftigen Gefechte deswegen unterbrochen werden. Allerdings nur gerade solange, wie es glaubhaft ist.

Denn Children of Men vermeidet es zu jedem Zeitpunkt in irgendwelche kitschigen oder pseudoreligiösen Bahnen abzudriften. Dazu trägt auch das Ende bei, was relativ viel offenlässt. Aber genug zum Nachdenken hat man danach auf alle Fälle.
Fraglich ob das alles fürs Mainstream-Publikum nicht zu anspruchsvoll ist.
Definitiv einer der besten Filme 2006. In der Erstwertung gibt es 9 Punkte, die sich aber bei wiederholtem Ansehen durchaus noch steigern könnten.

Screenshots: Der Bombenanschlag gleich zu Beginn.


Theo wird von Julian und ihrer Terrorgruppe zum Gespräch gebeten.


Michael Caine als hippiehafter Jasper.


Theo (Clive Owen) und seine Schutzbefohlene geraten in schwere Gefechte.


angeschaut am: 19.11.2006
Normale Wertung: 9 von 10 Punkten



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