01 November 2007

 

Breakout - SWI 2007

OFDB-Link
Genre(s): Drama / Musik
Laufzeit: ca. 93 Min.
Alterseinstufung: FSK 16

Inhalt:
Nia gehört zu einer halbkriminellen Hiphop-Gang, die sich in einem tristen Schweizer Vorort die Zeit mit Drogenkonsum, Angebereien und kleinen Eierdiebereien vertreibt. Als nach einer nächtlichen Schlägerei einer seiner Freunde mit gebrochenem Rücken auf der Strecke bleibt, wandert Nia, der den wahren Täter der Ehre wegen nicht nennen mag, für zwei Jahre in die sogenannte Arbeitserziehungsanstalt. Dort hat man schon aus kleineren Fischen als ihm echte Verbrecher geschnitzt.

Kritik:
Klar im Fahrwasser von Hollywood-Produktionen wie 8 Mile kommt Breakout aus der Schweiz daher und beweist uns, dass die Kids dort auch am liebsten genauso harte Gangsta wären, wie ihre afroamerikanischen Vorbilder.

Ich hatte mit Breakout so meine Probleme, was zum einen an diversen Unglaubwürdigkeiten liegt ("Yo, da fehlt die Credibility, Homie!").
So ist z.B. ein Grundpfeiler des Films, dass Nia in den Jugendknast kommt, weil er und sein invalider Homie beharrlich schweigen. Weil er der einzige war, der nicht vor der Polizei geflüchtet, sondern bei seinem Homie geblieben ist, soll er der Tatverdächtige sein?! Obwohl sein Homie ihn auch nicht beschuldigt, sondern nur schweigt?

Nun ja, dass die Justiz blind ist, dass ist ja bekannt, aber hier wird sie missbraucht, um den Kleinkriminellen Nia zum Opfer hochzustilisieren.
Und wir lernen durch den Film, dass die Polizisten in der Schweiz grundsätzlich mit Sturmhauben zu ihren Einsätzen gehen?!

Weiters unglaubwürdig ist z.B. auch, dass in der Anstalt der "Sicherungskasten" für die Türschlösser der Zellen im Klo des Verhörraums untergebracht ist - was Nia natürlich gerne ausnutzt, um die Schlösser zu sabotieren und zum Schluss den Breakout zu schaffen.

All das wäre auch gar nicht so schlimm, wenn es nicht unfreiwillig komische Elemente im Film gäbe, wie z.B. einen jungen linksradikalen "Intellektuellen", der in der Anstalt einsitzt und scheinbar mit einer Zeitmaschine aus dem Jahr 1968 geholt wurde.
Am schlimmsten sind jedoch (ganze!) zwei junge Neonazis, die sowas wie die aus US-Knastfilmen bekannte "Arische Brüderschaft" verkörpern und vom Anstaltsaufseher geduldet dem Hip-Hopper das Leben schwer machen sollen. Nur leider wirken die beiden so bedrohlich wie ein Weisser in South Central L.A. und angesichts der Unmengen von Ex-Jugoslawen in der Anstalt darf man sich schon wundern, wer da wohl terrorisiert wird.

Letztendlich scheitert Breakout aber daran, dass einem die Figuren des Films, insbesondere Nia, egal bleiben. Vielleicht können sich diverse Kiddies mit Nia identifizieren, der mit seinem konsequenten Gangsta-Getue die einfacheren Gemüter sicher beeindrucken kann. Mir blieb er den ganzen Film über unsympathisch, woran auch sein plötzlicher Wandel zum Schluss wenig ändert. Dass er auf einmal begriffen hat, dass Gewalt keine Lösung ist kommt zu sehr aus dem Nichts und wirkt mehr wie eine versöhnliche Geste in Richtung der Moralwächter, die den Film sonst (zurecht) für eine Verherrlichung des Gangsta-Lifestyles halten könnten.

Schauspielerisch gibt es nichts zu meckern. Die jungen Darsteller wirken überzeugend - von den erwähnten Figuren mal abgesehen. Heimlicher Sympathieträger ist der fiese Aufseher (Roeland Wiesnekker), der scheinbar völlig alleine die gesamte Anstalt schmeisst. Überhaupt fällt bei vielen Aufnahmen auf, dass weit und breit alles menschenleer ist.
Optisches Highlight ist Melanie Winiger als Jugendanwältin, deren Rolle aber leider zwischen sympathisch und völlig unglaubwürdig schwankt.
Der Soundtrack mit hauptsächlich französischsprachigem Rap bzw. die Breakdance-Einlagen sind stimmig.

Fazit: Wer auf Gangsta-Hip-Hop abfährt dürfte sich königlich amüsieren. Auf mich wirkte Breakout technisch zwar solide umgesetzt, aber vom Drehbuch zu schlecht von den grossen US-Vorbildern abgekupfert.
Zudem hatte ich wieder mal ein Problem mit der eher milden moralischen Botschaft im Film, verglichen mit der Verherrlichung des Gangsta-Lifestyles, der am liebsten alles fickt, was aufmuckt, ob das nun Bitches sind oder sonstige Mitmenschen, die was auf die Fresse kriegen.

Ein unterhaltsames und langes Review findet ihr bei Molodezhnaja.

Screenshots: Kaum in der Anstalt kriegt Nia auch schon Ärger mit der "arischen Bruderschaft".


Roeland Wiesnekker als Aufseher hält die Kiddies an der kurzen Leine.


Melanie Winiger als verständnisvolle und engagierte Jugendanwältin Nicole Frey.


Und unser linker Revoluzzer, der mittels Zeitmaschine hertransportiert wurde...


angeschaut am: 1.11.2007
Normale Wertung: 3,5 von 10 Punkten<

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